Was bedeutet die Einweg-Verpackungssteuer für die Gastronomie?
Coffee-to-go-Becher, Pizzakartons und Nudelboxen. Tüten von Burgern und Alufolien von Dönern. Dazu Einwegbesteck und Trinkhalme. Der Straßenmüll in deutschen Städten besteht mittlerweile zu rund 40 Prozent aus Einwegverpackungen für den schnellen Gebrauch. Die Folgen: wertvolle Ressourcen werden verschwendet, die Umwelt wird unnötig stark belastet und die Kosten für die Müllentsorgung im öffentlichen Raum haben einen neuen Höchststand erreicht. Kein Wunder, dass Städte und Gemeinden überall im Land über die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer (Einwegsteuer) nachdenken.
Die rechtliche Grundlage dafür hat das Bundesverfassungsgericht am 22. Januar 2025 geschaffen. Darauf haben viele Städte und Gemeinden gewartet: Jetzt können sie sich – juristisch abgesichert – an die Ausgestaltung einer Verpackungssteuer machen. Eine Orientierung finden sie dabei in Tübingen: Die Vorreiter-Stadt hat bereits zum 1. Januar 2022 eine Einwegsteuer eingeführt und wertvolle Erfahrungen gesammelt. Ganz einfach ist es nicht. So gilt die Verpackungssteuer in Tübingen zum Beispiel für die Papiertüte einer Semmel mit warmem Leberkäse – dieselbe Papiertüte für ein kaltes belegtes Wurstbrötchen fällt jedoch nicht unter die Steuer. Auch Einwegverpackungen für Speiseeis, Salat und andere Produkte, die zum sofortigen Verzehr bestimmt sind, werden besteuert – Einwegverpackungen für Obst, Gemüse, Käse, Wurst oder Tiefkühlkost jedoch nicht.
Was bedeutet es also, wenn eine Stadt oder Gemeinde eine Einwegsteuer einführt? Und: Welche Folgen hat das für die Gastronomie? Gibt es Förderungsprogramme für die Anschaffung von Mehrweggeschirr und Spülmaschinen fürs Mehrwegspülen? Diese und weitere Fragen wollen wir in diesem Artikel beantworten.
Was ist eine kommunale Verpackungssteuer?
Eine kommunale Verpackungssteuer ist eine von Städten und Gemeinden erhobene Abgabe auf bestimmte Einwegverpackungen sowie Einwegbesteck. Die Steuer gilt für Speisen und Getränke, die zum sofortigen Verzehr vor Ort ausgegeben, als »Take-away« mitgenommen oder zum Verzehr geliefert werden. Die Höhe der Steuer hängt von der Art der Verpackung ab und kann zwischen wenigen Cent bis zu mehreren Euro pro Verpackungseinheit liegen.
Welche Städte haben schon eine Verpackungssteuer?
Nach Tübingen hat die Stadt Konstanz zum 1. Januar 2025 eine kommunale Verpackungssteuer eingeführt. Heidelberg und Freiburg wollen in Kürze folgen. Laut Umfragen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) interessieren sich derzeit über 120 weitere Städte und Gemeinden für die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer (Stand: 28.01.2025). Eine Übersicht (PDF zum Download) finden Sie hier: Die Verpackungssteuer in deutschen Städten.
Was ist das Ziel der Einwegsteuer?
Das direkte Ziel einer kommunalen Verpackungssteuer ist die Reduzierung der verkauften Einwegverpackungen und die gleichzeitige Erhöhung der Mehrwegquote. Damit handelt es sich um eine Lenkungssteuer: Durch die Verteuerung von Einweg soll Mehrweg attraktiver werden. Damit verbunden sind eine Reihe weiterer Ziele (siehe Pro-Argumente unten).
Pro und Contra Einwegsteuer
Wie steht der DEHOGA zur Verpackungssteuer?
Der Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA lehnt eine Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen ab und schlägt stattdessen eine steuerliche Gleichbehandlung von Essen im Restaurant (aktuell 19 % MwSt.) und verpacktem Essen zum Mitnehmen vor (aktuell 7 % MwSt.). Laut DEHOGA würde eine einheitliche Besteuerung mit 7 % MwSt. auf alle Speisen in der Gastronomie den Wettbewerb für die klassische Gastronomie nicht nur fairer machen, sondern könnte auch die Umsatzverlagerungen ins Take-away-Geschäft reduzieren.
Ist eine kommunale Verpackungssteuer rechtlich zulässig?
Ja, am 22.01.2025 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 24.05.2023 als unbegründet abgewiesen – die Franchisenehmerin einer großen Fast-Food-Kette hatte geklagt. Das bedeutet: Städte und Gemeinden können Einwegverpackungen mit einer Verpackungssteuer belegen. Die Erhebung einer kommunalen Verpackungssteuer wäre zwar ein Eingriff in die geschützte Berufsfreiheit der Verkäufer – allerdings wäre dieser Eingriff verfassungsgemäß. Zur weiteren Begründung: Bei der kommunalen Verpackungssteuer würde es sich um eine örtliche Verbrauchssteuer handeln, da der Konsum innerhalb des Gemeindegebiets stattfinden würde. Und: Als Lenkungssteuer würde sie nicht im Widerspruch zum Abfallrecht des Bundes stehen, da sie dasselbe Ziel verfolgt (Vermeidung von Verpackungsabfällen).
Wie hoch ist die Verpackungssteuer für welche Verpackungen?
Die kommunale Verpackungssteuer betrifft Einwegverpackungen für Speisen und Getränke sowie Einweggeschirr und Einwegbesteck – unabhängig von deren Material. Voraussetzung ist, dass sie zum unmittelbaren Verzehr vor Ort oder als Take-away für den Verzehr unterwegs verkauft werden. Ausgenommen von der Verpackungssteuer sind Einwegverpackungen, die dem gesetzlichen Einwegpfand unterliegen.
Die Höhe der Steuerbeträge legt jede Kommune selbst fest. Eine Orientierung bieten die in Tübingen erhobenen Beträge, die auch von der Deutschen Umwelthilfe empfohlen werden: 0,50 Euro für Einwegbecher, Einwegflaschen, Einwegdosen und sonstige Einweggetränkeverpackungen; 0,50 Euro für jedes Einweggeschirrteil und jede sonstige Einweglebensmittelverpackung (z. B. Pommes-Schalen); 0,20 Euro für jedes Einwegbesteckset und andere Hilfsmittel (z. B. Trinkhalm oder Eislöffel). Gleichzeitig gilt: Pro Einzelmahlzeit werden maximal 1,50 Euro Verpackungssteuer fällig.
Zeigt die kommunale Verpackungssteuer Wirkung?
In Tübingen: ja! Drei Jahre nach Inkrafttreten der Verpackungssteuer am 1. Januar 2022 zieht die Vorreiter-Stadt eine positive Zwischenbilanz: Die Verpackungssteuer habe sich wie beabsichtigt als wirksamer Katalysator für Mehrwegangebote erwiesen. Und auch der Einwegverpackungsmüll wäre deutlich zurückgegangen. Es gibt zwar keine genauen Zahlen dazu, weil der Müll nicht getrennt wird. Aber laut den kommunalen Servicebetrieben hätte man deutlich weniger Aufwand mit To-go-Verpackungen, die Mülleimer seien nicht mehr so voll und es läge kaum noch Müll daneben.
Gilt die Einwegsteuer auch für Feste, Märkte und Festivals?
Jede Stadt und Gemeinde legt selbst fest, wie die Regelungen für eine kommunale Verpackungssteuer im Detail aussehen. Viele werden sich dabei an Tübingen orientieren: Dort gibt es eine Steuerbefreiung für Märkte (z. B. Weihnachtsmarkt), Feste (z. B. Stadtfest) und sonstige zeitlich befristete Veranstaltungen (z. B. Konzert oder Theateraufführung). Bedingung: Der Händler verkauft an insgesamt nicht mehr als zehn Tagen im Jahr Speisen und Getränke im Rahmen solcher Veranstaltungen im Stadtgebiet.